Gestern hatte ich die Ehre beim monatlichen Stammtisch der Einundzwanzig Tirol Community als erster mit einem Impuls-Vortrag zu Bitcoin zu sprechen.

Der Vortrag sollte sowohl Neulinge, als auch Bitcoiner ansprechen und ich wollte auch eine etwas selbstkritische Note einbringen. Das Thema „Don’t trust, verify!“ sollte also von beiden Seiten beleuchtet werden. Nachdem ich von einigen verhinderten nach dem Inhalt gefragt wurde, möchte ich meine Gedanken nochmals in gekürzter Weise hier für die Ewigkeit festhalten.

Grundsätzlich ist „Don’t trust, verify!“ wie auch Bitcoin neutral, hat aber ähnlich einer Münze zwei Seiten:
Bitcoin löst wie uns allen bekannt ist das Problem eines Wertetransfers (Double-Spend) ohne zentraler Vertrauenspartei erstmals dezentral mittels der Time-Chain (Blockchain). Es eliminiert zentrale Vertrauensparteien, dafür gibt es Miner als Dienstleister und Nodes, welche diese kontrollieren. Kryptographische Methoden bzw. die Mathematik helfen uns dabei.
Open Source Code und das Design von Bitcoin-Core (Blockgröße) macht verify auch für jeden kostengünstig möglich. Auch bei z.B. HW-Wallets ist dieser Ansatz sinnvoll und gut.
Jedoch gibt es auch bei der Überprüfung von Code Grenzen, sogar für Entwickler (vgl. Lektion 16 von Gigi’s 21 Lektionen) wenn z.B. die Dotierung von Halbleitern geknackt wird und damit ein Zufallsgenerator nicht mehr zufällig ist. Trustless Computing ist also utopisch!
Für mich wirkt diese Aussage zudem oftmals als vorgeschoben, wenn einem die Argumente auf kritische Fragen ausgehen. Diese maximalistische wirkt dann auf Neulinge oft abschreckend und neunmalklug. Dazu muss uns auch bewusst sein, dass viele Leute Angst davor haben, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, zumal uns auch die Schule nicht auf selbstständiges Denken vorbereitet.

Wir müssen uns also Fragen, braucht es diesen „Proof of Work“ für jeden? Ist es realistisch, dass jeder selbst alles recherchiert und bereit dafür ist jeden Standpunkt selbst zu verifizieren? Und selbst wenn, was ist denn wirklich „verifiable“ und vor allem für wen? Kann z.B. jeder jede Studie korrekt bewerten und wie sehr wurde bei den Studien mit den Zahlen so gespielt, dass das gewünschte Resultat passt? Nicht nur bei COVID, auch beim Bitcoin Mining Council muss das Ergebnis der Studien angezweifelt werden. Die Wahrheit liegt meist in er Mitte und der Diskurs sollte sich viel mehr um die Standpunkte gegensätzlicher Studienergebnisse drehen. Praktisch jede Studie wird von jemandem in Auftrag gegeben und das beeinflusst das Ergebnis.
Wir sprechen immer von 21 Mio. BTC, aber eigentlich sind es gar nicht exakt 21 Mio. – aber ist das wirklich entscheidend oder wichtig für jeden exakt zu wissen? Ich glaube nicht. Doch durch dieses Gehabe die Welt allumfänglich zu begreifen wirken wir auf Neulinge oft sektenartig und schrecken diese ab, was zu keiner Adaption führt.
Trust wird immer nötig sein und für eine breite Adaption wirkt eine gewisse Möglichkeit vertrauen zu können auch beruhigend. Bitcoin wirkt vertrauensminimierend, wie minimierend man es jedoch möchte bleibt eine höchstpersönliche Entscheidung und das ist gut so.
Immerhin gibt es auch Bereiche, bei denen wir für die Zukunft Vertrauen müssen, z.B. dass die Adoption wirklich in dem Maße einsetzt, wie wir es für einen Switch von Block-Reward auf Mining Fees bis und nach 2140 mit jedem Halving benötigen um das Netzwerk und seine Sicherheit am Leben zu halten. Wir werden auch nicht verifizieren können was es für unseren Planeten heißt, wenn plötzliche sämtliche Werte dieser Welt / 21 Millionen geteilt und damit bewertet werden müssen.
Keiner versteht alles zu 100% und ich habe oft den Eindruck etwas mehr Demut vor dieser Gewissheit täte unserem Space manchmal nicht schlecht. Wer weiß ob es Bitcoin schafft die Gesellschaft zu überzeugen? Ijoma Mangold prägt in seinem Buch „Die orangene Pille“ den Begriff des „Bitcoin-Minimalisten“. Er akzeptiert was er weiß, Bitcoin ist ein dezentrales Geld ohne Gegenparteirisiko, dass sein Inhaber in Eigenverantwortung verwahren kann und dessen Menge begrenzt ist. Mehr weiß ich nicht, schreibt er. Damit kann auch ich gut leben!
